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Wie gibt man eigentlich richtig Feedback?

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Gut Feedback geben zu können ist zweifellos eine Kunst für sich. Und es ist etwas, das in Projekten, die in einem (großen) Team umgesetzt werden, beinahe täglich vorkommt. Dennoch stößt man in verschiedenen Produktionen auf sehr unterschiedliche Feedback Kulturen. Besonders als Freiberufler, der über die Jahre mit vielen verschiedenen Teams zusammen arbeitet. Werfen wir also zusammen einen Blick darauf, wie man wann, in welchem Ton und in welchem Umfang am besten Feedback gibt.

Der Duden definiert Feedback unter anderem als: „zielgerichtete Steuerung eines technischen, biologischen oder sozialen Systems durch Rückmeldung der Ergebnisse. Wobei die Eingangsgröße durch Änderung der Ausgangsgröße beeinflusst werden kann.“ Hier steckt schon drin, warum und zu welchem Zweck man bei Projekten Feedback gibt: Es geht darum, die Arbeitsergebnisse eines Teammitglieds zu bewerten, darüber eine Rückmeldung zu geben und so das Ergebnis zu beeinflussen.

Wenn man sich das ganze so bewusst vor Augen führt, wird auch sofort klar, warum Feedback zu geben ein höchst sensibler Prozess ist. Denn das Ding ist: Wer wird schon gerne bewertet? Aber hier liegt auch zugleich der Schlüssel dazu, wie man gut Feedback gibt.

Wirklich gut Feedback geben

Es existieren natürlich die ganzen Standard Regeln dazu, wie man gutes Feedback gibt. Googelt – oder besser ecosiat – man es, kommen die ewig gleichen Regeln dazu, dass Feedback beschreibend, genau formuliert, sachlich richtig, ohne moralische Verurteilung usw. usf. sein muss. Dazu braucht´s jetzt auch echt keinen Artikel mehr. Aber ich habe hier im folgenden mal zusammengefasst, was so bei mir in 12 Jahren freiberuflichem Game Design, Produktion und Art Direction in der Games und Film Branche und artverwandten Projekten so an wichtigen Erkenntnissen zusammen gekommen ist.

1. Feedback zur Arbeit geben, nicht zur Person

Auch wenn es bei Feedback nicht (wirklich 😉 ) um Verhandlungen geht, hat aber doch das Harvard Konzept die Sache mit seinem Credo gut auf den Punkt gebracht:

Hart zur Sache, weich zur Person.

Roger Fisher, William Ury, Bruce M. Patton (Hrsg.): Das Harvard-Konzept. Der Klassiker der Verhandlungstechnik. Campus-Verlag, Frankfurt am Main / New York 1984; 24. Auflage ebenda 2013

Das oberste Prinzip bei gutem Feedback ist es, nicht persönlich zu werden. Es geht NIEMALS um die Kompetenz oder Wertigkeit des Team Mitglieds. Sondern IMMER nur um dessen Arbeitserzeugnis.

Es ist wichtig, berechtigte Kritik zu üben. Nur so wird ein Produkt besser. Was aber viele über die Jahre von mieser, abwertender Kritik vergessen haben: Kritik ist eigentlich gar nicht schlimm. Nur durch berechtigte, sachliche und respektvolle Kritik mit einem lösungsorientierten Ansatz werden Arbeiten und Produkte besser. Dabei lohnt es sich wirklich, in einem Team langfristig in eine wertschätzende Kritik Kultur zu investieren. Und zwar eine Kritik Kultur, die immer auf die Arbeitserzeugnisse oder auch Assets genannt abzielt. Und niemals, nie nie nie niemals auf die Person, also persönlich wird.

Investiert man in so eine Kritik Kultur und nun ja kultiviert diese, dann passiert etwas ganz magisches: Die Leute haben überhaupt kein Problem mehr mit Kritik. Sie nehmen sie null persönlich und nehmen sie dagegen positiv und sportlich. So wie sie auch den Gegner, oder halt auch mal den Boss Gegner, in einem guten Computerspiel angehen würden: Kein Problem, sondern eine Herausforderung.

2. Möglichst objektiv bleiben

Wenn man Feedback gibt, sollte man möglichst objektiv bleiben. Das ist natürlich viel leichter gesagt als getan. Aber was ich damit meine ist: Es geht beim Feedback geben nicht um deinen persönlichen Geschmack. Und so Sätze wie „Das habe ich mir aber anders vorgestellt“ oder „Das hätte ich aber anders gemacht“ streichst du beim Feedback geben besser gleich komplett aus deinem Wortschatz. Natürlich hast du dir das anders vorgestellt! Du bist ein anderer Mensch, mit eigenem Kopf und eigener Imagination. Und entweder du lernst zu Zeichnen, Programmieren, Malen, Game Designen, Level Designen oder was auch immer und machst alles selbst. Oder du lebst damit, dass es nicht du selber bist, der dieses Bild malt, diese Zeile programmiert oder dieses Level designed. Punkt.

Merke: Wenn man Arbeit delegiert, muss man auch ein Stück weit los lassen. Die anderen Team Mitglieder sind nämlich keine kleinen Bots, die nur machen, was man ihnen sagt. Auch sie sind Künstler, Experten, Professionelle, die sich genau wie jeder andere in das Projekt einbringen wollen und dürfen. Natürlich darf und soll man Vorgaben machen, was man sich von der betreffenden Person im Hinblick auf die große Vision wünscht. Das erfolgt zum Beispiel über eine gut geschriebene Art Description oder eine andere Art von Briefing. Und in dieses Briefing schreibt man eben vor Beginn der Asset Produktion alles rein, was das entsprechende Arbeitserzeugnis oder Asset aufweisen muss. Aber darüber hinaus muss man einfach auch etwas los lassen.

Wenn du also Feedback gibst, geht es nicht darum, was sich ursprünglich mal in deinem Kopf abgespielt hat. Denn kein Mensch kann Hellsehen. Sondern es geht darum, wie gut das Briefing umgesetzt wurde und wie gut das Asset im Kontext des Produkts funktioniert. – auch das sollte bereits vorher ins Briefing eingeflossen sein.

3. So viel wie nötig – so kurz wie möglich

Genau wie ein gutes Briefing sollte auch Feedback immer nur so umfangreich wie unbedingt nötig sein und so kurz wie möglich. Einige Feedbackgeber fühlen sich oft genötigt, mehr zu Assets zu sagen, als eigentlich nötig wäre. Aber es ist vollkommen okay, einfach nur zu sagen: „Mega! Genau so! Danke, weitermachen.“ Man ist als Art Director, Technical Director oder sonstiger Lead nicht nutzlos oder schafft sich gleich selber ab, wenn man mal absolut nichts zu sagen hat, außer „Funktioniert“. Natürlich noch mit etwas motivierendem Respekt gegenüber der Arbeit geschmückt.

Was mich gleich zum nächsten Punkt bringt:

4. Feiere die Arbeit deiner Team Mitglieder!

Versteht mich nicht falsch: Sachliche Kritik ist mehr als angebracht und ich bin Perfektionist: Ich will immer das bestmögliche Produkt entwickeln. Aber wenn Arbeit gut ist, dann sollte man das auch sagen! Es ist ja so ein generelles Thema, dass keine Kritik Lob genug ist. NEIN, IST SIE NICHT! Gerade in einer Branche voller Content Ersteller, Macher, Schaffer und Künstler ist das definitiv, sowas von, absolut nicht genug!

Künstler und Macher sind quasi per definitionem irgendwo, auch wenn es noch so tief vergraben ist, unsicher. Denn im Gegensatz zum Steuerberater oder Arzt, erschaffen sie etwas aus sich heraus und packen es für jedermann sichtbar auf den Tisch. Etwas zu Schaffen – egal ob Kunst oder Code – ist also immer per se eine extrem persönliche Sache, bei der man sich zutiefst angreifbar macht. Wenn du gute Arbeit von deinen Teammitgliedern willst, dann musst du ihnen etwas zurück geben. Und das ist unter anderem Anerkennung. Ich korrigiere: VERBALISIERTE Anerkennung.

5. Nicht die eigenen Kompetenzen überschreiten

Idealerweise holt man sich für seine Projekte Leute ran, die wissen, was sie tun. Und dann vertraut man ihnen auch in dem was sie tun. Aber in jedem Fall sollte man nicht anderen Leuten ohne jede Ahnung detailliert in ihre Fachexpertise reinquatschen und einem erfahrenen Artist sagen, wie die Perspektive eines Fußes zu sein hat, wenn man selber von Anatomie und Komposition nicht wirklich Ahnung hat. Man würde ja auch nicht wirklich hinter seinem Heizungsmonteur stehen und ihm sagen, welche Schraube er anzuziehen hat, damit die Heizung wieder läuft. Man sagt ihm: Mir ist kalt! Mach, dass die Heizung wieder läuft.

Was man ergo sehr wohl darf und soll, ist Zielvorstellungen zu kommunizieren. Also zum Beispiel: Ich möchte einen beeindruckenden Krieger mit einer etwas zwielichtigen Aura und einem Schmunzeln in den Augen. Man darf also ganz klar kommunizieren, WAS man möchte. Man sollte sich aber verkneifen dem Artist zu sagen, WIE man meint, dass er dies erreichen könnte. Denn das weiß der Artist erstens besser und zweitens werden Bilder nicht unbedingt besser, wenn man – oder im schlimmsten Fall noch mehrere – anfangen dem Artist in jedes Detail rein zu quatschen und ihm oder ihr quasi am liebsten die Hand führen würden. Auch hier gilt wieder: Loslassen, immer wieder Loslassen 😉

Und auch Beschreibungen von Zielvorstellungen sollten natürlich von Anfang an ins Briefing und nicht irgendwann on the fly kommen.

6. Mit einer Stimme sprechen

Auch wenn in einem Team jeder zu Assets oder bei (bestimmten) Entscheidungen mit quatschen dürfen sollte. Es sollte eine Person für das Feedback zuständig sein. Diese muss das Feedback von allen anderen sammeln, auswerten und in bekömmlicher, sachlicher und respektvoller Form aufbereiten und an das jeweilige Team Mitglied weiterleiten. Es gibt nichts schlimmeres, als wenn ein Team Mitglied etwas abliefert und dann von 5 Seiten über 7 Kanäle 10 verschiedene Meinungen gedrückt bekommt, die sich noch alle widersprechen. Funktioniert einfach nicht und macht keinen Spaß.

Und es schadet natürlich auch nicht, wenn diese eine Stimme tatsächlich ein erfahrener und gut ausgebildeter Art Director, Tech Director, Lead Game Designer oder auch Producer ist. Aber natürlich kann das einfach nicht jedes kleine Team leisten und oft funktioniert es bei entsprechendem gegenseitigen Respekt auch erstaunlich gut ohne.

Einmal Feedback geben und zurück

Grundsätzlich ist gutes Feedback geben wie bei allem anderen kein Hexenwerk. Und es geht wie fast immer im Team darum, einander respektvoll und wertschätzend zu begegnen. Zudem hilft es ungemein, sich von Zeit zu Zeit in die Perspektive des zuweilen künstlerisch sensiblen Gegenübers zu versetzen und sich empathisch einzufühlen und sich mal zu überlegen: Wie wäre diese Situation eigentlich für mich gerade?

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