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Was ist eigentlich „Analoge Gamification“?

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Nun zugegeben: Analoge Gamification als feststehender Begriff oder gar Wikipedia Eintrag existiert so nicht. Müsste er auch eigentlich nicht. Denn genau genommen hat niemand jemals behauptet, dass Gamification überhaupt digital sein muss. Oder dass man Gamification nur mit teurer Technik umsetzen kann. Kann man natürlich machen. Muss man aber nicht.

Fakt ist allerdings, dass der Löwenanteil der Gamification Ansätze derzeit digital stattfindet. Und dementsprechend werden in der Regel horrende Budgets für eigens entwickelte Individualsoftware aufgerufen. Deswegen dachte ich mir, ich sag’ es noch mal: Der Begriff „Gamification“ sagt mit keiner Silbe, dass entsprechende Ansätze digital sein müssen. Aber fangen wir erst mal vorne an:

Was ist eigentlich Gamification?

Gamification ist die Integration von Game Design Elementen oder spieltypischen Elementen in einen Nicht-Spiel-Kontext. Das bedeutet:

JEDE Integration von spielerischen Elementen in den Alltag, die Ausbildung oder Arbeit ist Gamification. Nicht nur teure Apps oder aufwändige Desktop Anwendungen. Klick um zu Tweeten

Gamification ist also weit mehr als nur das simple Belohnen von erwünschten Tätigkeiten mit Punkten und Auszeichnungen. Wirklich erfolgreich sind dabei nach wie vor vor allem die maßgeschneiderten und handwerklich hochwertigen Ansätze, die auf intrinsische Motivation setzen. Das heißt die Ansätze, bei denen die Zielgruppe wirklich um der Sache selbst teilnehmen will. Setzt man dagegen rein auf extrinsische Motivation, also auf die Motivation durch externe Anreize, wie Punkte oder Auszeichnungen, verpuffen die positiven Effekte oft schnell wieder. Genauer erklärt habe ich diesen sogenannten „Effekt der Überrechtfertigung“ schon hier,

Analoge Gamification

Auch für Analoge Gamification gibt es wunderschöne Best Practice Beispiele. So hat beispielsweise die Stadt Stockholm, die generell viele schöne und innovative Gamification Projekte umgesetzt hat, mit Pedestrian Crossing ein eindrucksvolles Beispiel für analoge Gamification geschaffen. Hier wurden Menschen mit einfachsten Mitteln dazu motiviert, die Straße tatsächlich bei der Ampel zu überqueren. 24% mehr Menschen nahmen darauf hin den Fußgängerüberweg.

Auch die Hotelbranche hat das Potential von Gamification längst erkannt. So hat beispielsweise das Hotel Prinz-Luitpold-Bad das klassische Kundenbindungsprogamm von Hotels mal etwas aufgelockert. Das ohnehin etwas andere Berg-Hotel im Flair des 19. Jahrhunderts spendierte seinen Stammkunden nach einer bestimmten Anzahl Übernachtungen keinen Gratis Aufenthalt. Sondern es schickte insgesamt 400 Briefe an sie und informierte sie, dass sie nun offiziell zum Knappen der Prinz-Luitpold Tafelrunde ernannt wurden. Gleichzeitig erfuhren Sie, dass sie mit weiteren Übernachtungen zum Sergeant aufsteigen konnten. Aber nur, wenn sie dafür eine gute Tat vollbringen. Das Ergebnis waren 100 Antwortbriefe mit nachgewiesenen guten Taten und tausende gespendete Euro für wohltätige Zwecke.

Aber auch im Trainings Bereich ist das Thema analoge Gamification längst angekommen. Bei der Methode Lego® Serious Play® wird der natürliche Spieltrieb auch erwachsener Menschen genutzt. Hier wird wie bei vielen analogen spielerischen Ansätzen auf das Spiel in der physischen Realität gesetzt. Die Teilnehmer können mit allen Sinnen erleben und wirklich haptisch „begreifen“ was sie da tun.

Analoge Gamification von … bis…

An den ganz unterschiedlichen Beispielen sieht man, dass es gerade bei analoger Gamification eigentlich keine Grenzen gibt. Dazu kommt eine weitere spannende Mischform zwischen analoger und digitaler Gamification. Nämlich spielerische Ansätze, die mit bereits bestehenden digitalen Komponenten arbeiten. Das heißt hier wird nicht extra Software oder Hardware entwickelt, sondern es wird beispielsweise auf die Smartphones der Teilnehmer oder bestehende Desktop Anwendungen zurück gegriffen.

Das Spannende an der Sache ist jetzt: Da es unendlich viele verschiedenen Arten von Spielen gibt, gibt es auch unendlich viele Möglichkeiten von Gamification. So kann man zum Beispiel wie oben gesehen Kinderspielzeuge in Trainings, Arbeit und Alltag integriert. Aber auch andere „fertige“ Spiele, wie Brett- oder Kartenspiele oder auch ganze Apps, lassen sich so integrieren oder auch zweckentfremden. Auch Elemente von Spiel wie zum Beispiel Quizzes, Puzzle oder Rätsel lassen sich nicht nur in digitaler Weise großartig in einen Nicht-Spiel-Kontext integrieren. Und das sowohl in der Form von fertigen Spielen als auch von eigens angefertigten.

Darüber hinaus lassen sich aber beispielsweise auch narrative, also erzählerische Elemente für alle Arten von Storytelling nutzen. So kann man Gamification Konzepten einen sogenannten „narrativen Frame“ verpassen, wie man auch im Beispiel des Hotels Prinz-Luitpold-Bad schön sehen kann. Das heißt man verpackt den ganzen Ansatz in eine Story oder nutzt nur einzelne Elemente von Geschichten oder Erzählkunst zum Aufpeppen von Trainings, Arbeit oder Alltag. Zum Beispiel kann man so durch eine ausgefeilte Dramaturgie Abläufen Spannung einhauchen und Lernerfahrungen lohnender und maßgeschneiderter machen. Man kann aber auch die Teilnehmer in fiktive Rollen einer Geschichte schlüpfen lassen. Damit ist man dann schon einen Fuß breit im Thema Rollenspiel und dabei Elemente von Rollenspiel zur Gamification zu nutzen. Aber dazu an anderer Stelle mehr.

Für Jeden etwas dabei

Das spannende an dem Thema analoge Gamification ist nicht nur, dass sich so für wirklich jede Zielgruppe etwas entwickeln lässt. Denn seien wir ehrlich: Nicht jeder schlüpft gerne in die Rolle eines Zwergen oder spielt mit Lego. Sondern es lässt sich auch eigentlich für alle Rahmenbedingungen und für jedes Budget etwas entwickeln.

Die Möglichkeiten sind dabei so vielfältig wie die Unterschiede zwischen Mau Mau und dem Hollywoodfilm James Bond. Man kann Schulkinder mit speziellen Spielkarten das Periodensystem lernen lassen (Alchemy Game der Osterskov Efterskole). Oder man kann Managerinnen in die Rolle von Geheimagentinnen schlüpfen lassen (Stiletto Spy School). Oder aber man kann einfach nur Menschen motivieren immer bei einem speziellen Gedanken eine Kaffeebohne von einer Hosentasche in die andere Hosentasche zu tun, damit sie am Ende des Tages einen transparenten Überblick über ihren aktuellen Stand bekommen. (Methode von Jens Corssen)

Abschließend lässt sich so sagen:

Gamification ist so viel mehr als nur digitale Ansätze, in denen die Nutzer mit Punkten oder Auszeichnungen belohnt werden. Man beschneidet sich unnötig, wenn man sich darauf beschränkt. Klick um zu Tweeten

Nicht zuletzt weil für viele Zielgruppen analoge, oder auch gemischte Ansätze nicht nur oft wesentlich besser passen. Sondern auch, weil man eben nicht zwangsweise ein horrendes Budget braucht, um ein wirklich maßgeschneidertes und handwerklich hochwertig gemachtes Gamification Konzept umsetzen zu können.

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