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How to work with a Games Translator

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Anett Enzmann – Games Translator

Die Texte von digitalen Spielen braucht man immer in vielen verschiedenen Sprachen. Und dabei fallen bei Computerspielen in der Regel Unmengen an ganz verschiedenen Texten an: Von Ingame Dialogen über Missionsbeschreibungen bis hin zu Gegenstandslisten oder Texten für Websiten oder sogar AGBs. Und damit man dabei keine „ermüdenden Nagelhammer“ als Itembezeichnungen hat, braucht man auch eine gute Lokalisation. Deswegen gilt: Kein gutes Spiel ohne gute Lokalisation. Und gute Übersetzungen kommen nicht von ungefähr. Man braucht hierfür sogenannte Game Localization Professionals – oder einfacher Games Translator oder ganz simpel: Spieleübersetzer. Aber wie arbeitet man am besten mit einem Games Translator? 

Anett Enzmann ist so eine professionelle freiberufliche Spieleübersetzerin oder Games Translator und erklärt uns das heute. Sie hat im Bereich digitale Games an so namenhaften Titeln wie Assassin´s Creed, Far Cry oder Fallout mit gearbeitet. Aber sie übersetzt unter anderem auch die Webinhalte und Hintergrundgeschichten für Wizards of the Coast´s legendäres Kartenspiel Magic: The Gathering.

Hey Anett. Danke, dass du dir heute Zeit für mich nimmst. Erzähl mal: Was genau ist dein Job als Games Translator bei einem Game oder interaktiven Projekt?

Hi Myriel, danke, dass ich „hier“ sein darf!

Meine Aufgabe bei einem Spiel besteht darin, die Texte aus dem Englischen ins Deutsche zu übertragen. Also alles, was die Spieler irgendwann zu sehen, lesen oder hören bekommen. Das sind – entgegen dem, was man sich oft vorstellt – nicht nur Dialoge und bombastische Zwischensequenzen. Sondern es ist eben auch, na ja, alles andere eben: UI, Menütexte, Fähigkeits- und Gegenstandsbeschreibungen, Pressetexte, AGB & Datenschutzrichtlinien, Push-Benachrichtigungen, Marketingtexte etc. Im Grunde gibt es alles, was im Original auf Englisch war, hinterher auf Deutsch zu lesen.

„Einer meiner wohl spannendsten Aufträge waren die Datenbankeinträge in Assassin’s Creed 3: Die Tagebücher von Benjamin Franklin, also echte historische Dokumente. Die zu übersetzen war wirklich eine schöne, herausfordernde Aufgabe.“

Mit wem arbeitest du als Games Translator dabei im Team direkt zusammen?

Oftmals arbeite ich im Team mit mehreren Übersetzern und Korrekturlesern. Viele Spiele, gerade im AAA-Bereich, sind so umfangreich, dass die Übersetzung für einen Einzelübersetzer nicht innerhalb eines überschaubaren Zeitraums (und bei halbwegs klarem Verstand) zu schaffen ist. In vielen (nicht allen) Fällen übernimmt ein Übersetzungsbüro – wir nennen sie Agenturen – das Projektmanagement, also die Koordination. Denn in der Regel müssen ja gleichzeitig mehrere Sprachen bedient werden. Die Agentur beschäftigt dann idealerweise die Korrekturleser und kommuniziert mit dem Kunden, also dem Entwickler oder dem Publisher. Sie ist auch dafür verantwortlich, dass Fragen beantwortet werden und leitet die Rückmeldungen der Entwickler an uns weiter. Dafür teilt sie sich den Gesamtpreis, den der Auftraggeber bezahlt, mit den Übersetzern.

Für kleinere Projekte (vor allem im Indiebereich) reicht ein kleines Team aus Übersetzern und Korrekturlesern (oft auch jeweils nur einer), ohne dass noch eine Agentur dazwischengeschaltet wird. Und dann gibt es noch jede Menge Mischformen. Ich arbeite zum Beispiel mit einem Synchronstudio zusammen, dessen Mitarbeiter das Projektmanagement übernehmen, die aber keine Agentur im herkömmlichen Sinne sind.

Wie sollte diese Zusammenarbeit idealerweise laufen?

Idealerweise … hm, schwierig, das kommt eher selten vor 😉

Ich wünsche mir vor Projektbeginn ein Briefing, das so Fragen beinhaltet wie:

  • wie soll der Spieler angesprochen werden (du/Sie/Ihr)
  • worum geht es im dem Spiel
  • wie sieht das Setting aus (also neuzeitlich, Science Fiction, europäisches Mittelalter)
  • wer sind die Charaktere
  • wie sieht die Kernspielerschaft aus
  • wie ist die Atmosphäre
  • etc.pp

Das alles (und ganz viel, was ich vergessen habe) bestimmt maßgeblich meinen Schreibstil. Ich freue mich zum Beispiel immer unheimlich, wenn ich tatsächlich eine World Bible (was das ist hat Falko Löffler ja schon erklärt) oder gar ein Vision-Dokument bekomme. Auch wenn das eher die Ausnahme ist.

Ansonsten sind natürlich klar formulierte Abgabefristen oder auch nur der zu erwartende zeitliche Ablauf (also wie viel Text kommt in welchem Zeitrahmen) unabdingbar, damit ich meinen Wochen- oder auch Monatsablauf planen kann. Oft habe ich bisweilen durchaus mehrere Projekte zu betreuen (das muss auch so, Stichwort Scheinselbstständigkeit), und es ist immer ärgerlich, wenn ich dann hektisch Termine hin und her schieben muss, weil irgendwer doch noch 10.000 (oder 10) Wörter irgendwo gefunden hat, die dann bis übermorgen fertig sein sollen.

Das ist auch bei Feedback nicht ganz unwichtig. Wenn ich drei Wochen nach Abgabe plötzlich eine Frage oder einen Änderungswunsch zu irgendeinem Detail bekomme, dann muss ich mich auch erst wieder ins Projekt einfinden. Und das ist bisweilen gar nicht so einfach. Die meisten von uns arbeiten mit sehr engen Zeitplänen und sind in dieser Zeit gedanklich schon drei Projekte weiter. Und natürlich, sollte dieses Feedback – wie ja eigentlich immer – so konkret wie möglich sein. „Find ich doof“ ist zwar eine valide Aussage, hilft mir aber nicht so wirklich weiter.

Was ist die Todsünde in der Arbeit mit einem Games Translator? Was ist der Satz, den ein Auftraggeber niemals zu einem Games Translator sagen sollte? 

„Ich/meine Nichte/meine Nachbarin von oben/meine Katze war ja auch mal ein halbes Jahr in England …“

 „Ich hab das schonmal durch Google Translate gejagt, das musst du nur noch Korrektur lesen …“

„Kannst du mal eben diesen einen Satz …?“

Das sind jetzt die ersten drei, die mir eingefallen sind. Und sie alle drücken ein bisschen das aus, woran dieser Beruf immer mehr krankt: mangelnde Wertschätzung. Lokalisierung scheint irgendwie immer ganz am Ende der Nahrungskette zu stehen. Und sie wird auch in der Fachpresse nur erwähnt, wenn sie schlecht ist oder lustige Fehler enthält. („All our Bases are belong to us“ hat sicher jeder schonmal gehört.) Dabei ist das ein ziemlich komplexes Aufgabenfeld, dessen Ergebnis durchaus Einfluss darauf hat, wie sich ein Spiel im jeweiligen Zielland verkauft. Denn entgegen dem, was man in der Industrie gemeinhin so annimmt, sprechen nicht alle Leute Englisch (oder wollen nach der Arbeit einfach nicht in der Fremdsprache spielen). Und wenn schon der Text auf Steam klingt, als hätte ihn die Nichte gerade nebenbei kurz mal übersetzt, dann hat das durchaus Einfluss auf den Gesamteindruck und somit auch die Verkaufszahlen.

Und was antwortest du hier – so ganz unter uns 😉 – auf die bösen Sätze?

Das kommt immer darauf an, wer sie wie und und welchem Kontext (da ist dieses Wort schon wieder) sagt. In der Regel mit sehr viel Geduld und Erklärungen – immerhin ganz oft ist Leuten gar nicht bewusst, dass sie da gerade etwas übers Ziel hinausschießen. Wenn aber der Rest der (sich anbahnenden) Zusammenarbeit schon schwierig war, dann habe ich auch keine Schwierigkeiten, einfach „nein“ zu sagen.

Aber hier so unter uns… 😉

„Ich/meine Nichte/meine Nachbarin von oben/meine Katze war ja auch mal ein halbes Jahr in England …“

Das ist schön, aber irgendwie gar nicht der entscheidende Punkt. Fehlerfreies und stilsicheres Deutsch (oder in welche Sprache man auch immer übersetzt) ist auch nicht zu unterschätzen 😉 Ebenso wenig wie zumindest ein bisschen Erfahrung mit Programmierungsgrundlagen, Marketingrichtlinien, und dem ganzen anderen langweiligen unternehmerischen Kram. (Gerade bei der Übersetzung von Marketingtexten – und dazu zählen die Steam- und AppStore-Texte – gibt es gesetzliche Vorgaben, die bisweilen von denen des Ausgangstextes abweichen. Das sollte man wissen.)

Und wir reden hier noch nicht mal von stilistischen Feinheiten! Ich bin jetzt seit zehn Jahren dabei, und mein Lektor (hi Thomas!) findet trotzdem immer noch jede Menge Dinge zum Glattziehen – einfach, weil ich selbst irgendwann die nötige Distanz zum Text verliere. Gerade, wenn es, wie eigentlich immer, schnell gehen muss. Das ist normal, dafür sind Lektoren da (das kennt man ja aus dem Buchbereich), aber auch die wollen natürlich bezahlt werden. Wenn mir also jemand sagt, dass er ja „auch total gut Englisch spricht“, dann weiß ich im Grunde auch schon, wie die weitere Zusammenarbeit ablaufen wird. 

„Ich hab das schonmal durch Google Translate gejagt, das hilft dir bestimmt, dann musst du nur noch Korrektur lesen …“

Nein, es hilft nicht. Und billiger wird es dann auch nicht. Eigentlich ganz im Gegenteil: Eine schlechte Maschinenübersetzung Korrektur zu lesen ist unfassbar anstrengend. Die Texte, die Maschinen produzieren, sind auf den ersten Blick recht brauchbar, und es geht sehr schnell, dass da etwas durchrutscht, was bei einer Übersetzung nicht passiert wäre. Zudem ist das Lesen von konstant fragwürdigem Text ein sicherer Weg, den eigenen Schreibstil sehr nachhaltig zu beschädigen. Es gibt Leute, die MTPE (Machine Translation Post Editing) anbieten, ich gehöre nicht dazu. Die Übersetzerwelt ist gerade sehr aufgeregt wegen dieses ganzen Themas, also erspare ich uns an dieser Stelle mal meine langen Vorträge dazu, warum man das bei kreativen Texten einfach lassen sollte.

„Kannst du mal eben diesen einen Satz …?“

Nein. Also, doch, zum Mindestauftragswert. E-Mail öffnen, lesen, verstehen, Satz übersetzen, E-Mail schreiben, Rechnung schreiben – da ist schnell eine halbe Stunde vergangen, plus weitere 15 Minuten, die ich brauche, um wieder in das andere Projekt zu finden, bei dem ich gerade unterbrochen wurde.

„Twin Mirrors war mein Sommerprojekt dieses Jahr, wir waren ein überschaubares, eingespieltes Team, mit dem die Flut von Dialogen und Handlungssträngen wirklich viel Spaß gemacht hat. Und auch die eher leiseren Töne und der nach Innen gewandte Blickwinkel war – zumindest für mich – eine willkommene Abwechslung zum Rest des Jahres.“

Wie sorgt man dafür, dass du dich als Games Translator optimal entfalten kannst? 

Ich glaube, eines der Hauptprobleme, an denen ein Großteil der Projekte krankt, ist der enorme Zeitdruck, unter dem die meisten Spieleübersetzungen abgewickelt werden. Man nimmt einen Durchschnitt von 2.500 Wörtern pro Arbeitstag an, die ein Übersetzer in guter Qualität schreiben kann. Bei einigen Texten sind es weniger. Alles, was darüber hinausgeht, wird entweder nicht mehr gut, weil irgendwann die Konzentration nachlässt oder ich bin nach drei Tagen so durch, dass ich erstmal eine Woche Urlaub nehmen muss. Sicher kann man hin und wieder „crunchen“, aber die Regel sollte das nicht sein.

Außerdem finde ich Kommunikation unter den Teamkollegen enorm wichtig. Wird ein Spiel über eine Agentur abgewickelt, dann sitzt man da oft mit fremden Menschen (allein vor seinem Bildschirm) und hat keine Möglichkeit, sich abzusprechen. So ein Projekt habe ich gerade, und ich sehe bereits jetzt jede Menge Inkonsistenzen, die sich mit einem kurzen Gespräch vermeiden ließen. Auch irgendeine Möglichkeit, vom Entwickler zeitnah eine Antwort auf inhaltliche Fragen zu bekommen, ist enorm hilfreich, denn manchmal (wiederum gerade in den berühmten Listen) braucht man einfach Kontext. Es gibt dieses berüchtigte Beispiel aus einem Wimmelbildspiel, in dem in der Liste „bat“, also Fledermaus oder Baseballschläger, stand. Der Übersetzer hat einfach eins geraten, und so suchten jede Menge Spieler auf dem Bildschirm nach einer Fledermaus, wo eigentlich ein Schläger gemeint gewesen wäre. Eine peinliche Situation für alle Beteiligten, die hätte vermeiden werden können, wenn ein bisschen Kommunikation stattgefunden hätte.

Und wie ist das mit der leidigen Kohle als Games Translator?

Wenn du schon so fragst: Ich bin – wie wohl jeder andere Mensch auch – immer sehr glücklich, wenn man mich anständig bezahlt. Ein leidiges Thema in der Spieleindustrie, das besonders uns Übersetzer trifft. Oft stehen wir, wie oben schon erwähnt, ganz unten in der Nahrungskette, und es rücken immer neue Hobbyisten nach, die zwar sicher ganz tolle Spieler und begeisterte Fans aber leider so gar keine Unternehmer sind und so utopisch niedrige Preise (oder, kein Witz, Ingame-Währung!) veranschlagen können. Damit kann und will ich nicht konkurrieren.

Hier sehe ich übrigens auch verstärkt die bereits erwähnten Übersetzungsbüros in der Pflicht. Es bringt niemanden weiter, einfach ein paar Hobbyisten für 15€/Stunde (brutto) zu beschäftigen. Dann vielleicht noch einen Korrekturleser (der aufgrund der mangelnden Qualität auch auf kaum mehr Lohn pro Stunde kommt) und dabei keine Kommunikationsplattform bereit zu stellen, nicht mit dem Kunden zu kommunizieren, sich dann aber 50% des Umsatzes einzustecken. Man kann Kunden dazu „erziehen“, die Lokalisierung ernst zu nehmen und zumindest Kontextfragen zeitnah zu beantworten, aber das braucht eben ein bisschen mehr als ein paar E-Mails schreiben.

Und auch, wenn es nur am Rande hierher gehört: Credits! Nicht gerade selten unterschreibt man NDAs (Verschwiegensheitserklärungen). Öfter als man denkt, stimmt man hier leider zu, dass man keinen Titel, an dem man für diesen Kunden arbeitet, in seinen Referenzen erwähnt. Das ist wirklich bitter und das ist etwas, das aufhören muss. Referenzen sind in der Spieleindustrie so wichtig, und es gibt keinen, aber auch wirklich keinen Grund, Monate harter Arbeit mit „darf ich nicht drüber reden“ abzutun.

Was ist deiner Meinung nach der Schlüssel zu einer guten Arbeit im Team? 

Kommunikation. Und Kommunikation. Habe ich schon Kommunikation erwähnt?

Ernsthaft, ich habe es ja oben schon gesagt: Übersetzer brauchen Kontext, wir müssen verstehen, was wir da vor uns haben und was wir damit anstellen sollen. Wenn es also weder ein Briefing noch eine Möglichkeit gibt, Fragen zu stellen oder sich abzusprechen, dann wird auch das Ergebnis nicht gut. Man kann – gerade heutzutage – sehr leicht eine Skype-Gruppe oder wegen mir ein Google Spreadsheet einrichten. (Auch, wenn ich die wirklich schrecklich finde, nachdem mal eine Agentur ihr gesamtes Terminologiemanagement über eins hat laufen lassen. Und das war nach 1.000 MMO-Item-Einträgen einfach nur grässlich langsam und unhandlich). Aber es gibt in der heutigen Zeit einfach keinen Grund mehr, dass Übersetzerteams nicht miteinander reden können. 

Und noch so ein trivialer Punkt: Man sagt Übersetzern nach, dass sie eher einzelgängerisch unterwegs sind. Immerhin sitzen wir den ganzen Tag allein vor unserem Rechner und schreiben vor uns hin. Oftmals prallen dann aber in Teams durchaus Persönlichkeiten aufeinander. Ich würde mir bisweilen wünschen, dass wir – gerade im Crunch, wenn der schon sein muss – ein bisschen besser miteinander umgehen. Was des einen „klare Ansagen“ sind, sind nämlich gern des anderen Kränkungen.

Zu guter Letzt: Kannst du uns verraten, woran du gerade arbeitest? 

Jein 😉

Ich arbeite gerade an ein paar Texten für Magic und einem asiatischen Beat’em’up, über das ich nicht sprechen darf. Außerdem arbeite ich daran, irgendwann mal ein paar Tage freimachen zu können und für eine Zusatzqualifikation zu lernen. Als Quereinsteigerin ist es immer hübsch, einen Zettel zu haben, auf dem steht, dass man auch wirklich übersetzen kann, also habe ich mich zur DipTrans-Prüfung im Januar angemeldet. … bevor eine riesige Arbeitswelle auf mich zurollte, die zudem dafür verantwortlich war, dass die Beantwortung dieser Fragen fast zwei Monate gedauert hat 😉 )

Hehe 😉
Danke dir Anett für das tolle Interview! Da hat sich das Warten wenigstens gelohnt 🙂

In der Serie „How to work with…“ spreche ich regelmäßig mit Profis aus der Gamesbranche oder angrenzenden Branchen. Dabei quetsche ich sie aus, wie man am besten mit den unterschiedlichen Teammitgliedern zusammen arbeitet. 

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